400 Willkommenspakete in 4 Monaten
Ende April starteten wir die Willkommenspaket-Aktion. Die Idee dahinter war das Erkennen einer konkreten Problemlage. Geflüchtete, die unserer Stadt zugewiesen werden, bekommen eine Unterkunft. Diese ist entweder in einer „normalen“ Wohnung oder in einer der Unterkünfte, zum Beispiel in der Teichsheide oder an der Eisenbahnstraße. Die Wohnungen oder Zimmer sind mit dem notwendigsten eingerichtet: Tische, Stühle, Betten, Küche etc.. Unsere Gäste bekommen selbstverständlich auch ein gewisses Budget für grundsätzliche Einkäufe. Für Hausrat sind das ca. 19,–€. Das ist auch zwingend notwendig, da die meisten nur mit ein bis zwei Koffern oder Taschen hier ankommen. Sie haben buchstäblich nichts.
Um an das Geld zu kommen, sind ein paar bürokratische Hürden zu überwinden. Das kann durchaus ein paar Tage dauern. Dann ist die Frage: Wo kann man das Benötigte einkaufen? Reicht das wenige Geld? Das alles ist sicherlich grundsätzlich machbar. Viel leichter ist es jedoch, wenn der Grundbedarf erst einmal gedeckt ist. Was aber ist der Grundbedarf? Wir sprachen mit den Sozialarbeitern und erstellten eine Liste, die aus Basics, wie Tellern, Tassen, Besteck und ähnlichen Dingen besteht. Wir erstellten zwei Listen: Eine für Einzelpersonen und eine für Familien.
Die DGB Jugend war sehr schnell unser Partner, finanzierte zum Beispiel die Flyer und war auch unsere erste Annahmestation. Als weiterer Partner fand sich die Recyclingbörse. Hier konnten ebenfalls Pakete abgegeben werden und die Lagerräume wurden zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus erledigte der Transportdienst der Recyclingbörse bis zu zweimal pro Woche die Abholung der Pakete aus dem DGB-Büro.
Organisatorisch haben wir uns dazu entschieden, ausschließlich komplette Willkommenspakete anzunehmen, da wir keine logistische Möglichkeit sahen, tausende Einzelteile anzunehmen. Das klappte nicht so gut: Wir bekamen tausende Einzelteile. 🙂
Die Spendenwelle war unbeschreiblich: Nach den ersten Zeitungsberichten wurde das DGB Büro mit Paketen, Taschen und Kartons geflutet. Leider haben einige unseren Wunsch nach kompletten Paketen nicht wahrgenommen, so dass ein paar Spendende bei uns entrümpelten. Bei einigen Spenden war von Toastständern, Taschentuchhaltern bis hin zur bei uns geradezu sprichwörtlich gewordenen Porzellankaffeekanne aus dem letzten Jahrhundert (wir haben davon rund 20 bekommen) alles dabei außer dem eigentlich Geplanten.
Wir standen nun also vor dem echten logistischen Problem, wie wir diese Mengen am besten verwerten, bzw. wie wir damit umgehen. Zum Glück machte die Recyclingbörse den Vorschlag, dass wir in der dortigen Lagerhalle die Sachen sortieren können und nicht verwertbare Teile
gegen dringend benötigte Gegenstände von der Liste (Dosenöffner!) bei ihnen tauschen.
Dafür griffen wir auf das großartige Unterstützernetzwerk zurück. Wir baten um Hilfe und viele kamen. Seit Anfang Mai haben wir mittlerweile fünf Sortieraktionen gemacht.
Bei diesen Sortieraktionen öffnen wir jeden Karton und prüfen diesen auf Vollständigkeit und Tauglichkeit der Sachen (verschmutzte oder beschädigte Gegenstände tauschen wir aus). Desweiteren prüfen wir, ob dort Lebensmittel enthalten sind, die wir dann aus Sicherheitsgründen konsequent entfernen: Wir wollen keine Haftung dafür übernehmen, auch, wenn es lieb gemeint ist. Fehlende Teile von der Liste ergänzen wir. Darüber hinaus sortieren wir bei den Aktionstagen Einzelteile und stellen daraus komplette Pakete zusammen. Bestimmte Dinge fehlten zwischendurch (die erwähnten Dosenöffner,
aber auch zum Beispiel Töpfe, Pfannen etc.), so dass wir davon hin und wieder gewisse Kontingente nachkauften.
Absolut bemerkenswert fanden wir, dass viele der Spendenden liebevoll persönliche Nachrichten in die Pakete legten. Ganz oft entdeckten wir zum Beispiel Postkarten mit Willkommensgrüßen, selbst gemalte Bilder, Vierertickets für Bus und Bahn, Einkaufsgutscheine für Textil- und Lebensmittelläden, Schreibblöcke und Stifte für die Kinder in den Familienpaketen.
Wie wir erfahren haben, haben sich auch einige Hausgemeinschaften, Firmen, Vereine oder andere Gruppen zusammengetan, um ein paar komplette Pakete zusammenzustellen. Die Bielefelder Gemeinde der Neuapostolischen Kirche zum Beispiel machte – nach Absprache mit uns – eine Parallelaktion und spendete insgesamt 25 komplette Pakete.
Jetzt haben wir also komplette Pakete. Und wie geht es weiter? Die kompletten und beschrifteten Pakete werden kurz in der Lagerhalle der Recyclingbörse gelagert. Der Transportdienst des Sozialamtes der Stadt Bielefeld holt diese dann regelmäßig ab und bringt die Pakete in eigene Lager.
Aus diesen Lagern können sich dann die Sozialarbeiter bedienen, die die Willkommenspakete direkt den Geflüchteten bei Einzug in die neue Unterkunft überreichen, so dass diese sofort mit dem notwendigsten versorgt sind.
Auch deshalb prüfen wir übrigens jedes Paket: Die Sozialarbeiter verlassen sich auf uns, dass das in den Paketen ist, was drauf steht.
Abschließend möchten wir uns bei allen Spenderinnen und Spendern bedanken, bei allen, die bei den diversen Sortieraktionen mitgeholfen haben, beim DGB, die die Pakete eine ganze Zeit lang angenommen haben (jetzt nicht mehr – weitere Pakete bitte ausschließlich in der Recyclingbörse abgeben!) und damit in ihren Büros kaum zum Arbeiten kamen. Wir bedanken uns ausdrücklich bei der Recyclingbörse mit dem ganzen Team dort und insbesondere bei Hans Engels: Ohne Dich und Deinen Einsatz wäre diese Aktion schlicht und ergreifend nicht möglich! 🙂
Diese Aktion geht weiter. Die Recyclingbörse nimmt weiterhin gerne komplette(!) Willkommenspakete an. Alle Infos hier: https://gefluechtetewillkommeninbielefeld.com/2015/04/27/willkommenspakete-gemeinsam-packen-wirs/
Hier die Zeitungsberichte im Westfalen-Blatt und der Neuen Westfälischen Zeitung von der Übergabe der Willkommenspakete 399 und 400: